Ich erflle keine Frauenquote - Schiedsrichterin Riem 11FREUNDE

Publish date: 2024-10-31

Riem Hus­sein, meckern Männer auf dem Fuß­ball­platz mehr als Frauen?

Das würde ich nicht sagen. Es wird zum Bei­spiel unab­hängig vom Geschlecht geme­ckert, wenn man eine unter­schied­liche Linie hat. Also hier etwas pfeift, was man dort laufen lässt. Als Spieler hat man oft eine andere Sicht­weise auf die Dinge als ein Schieds­richter.

Sind Schieds­richter, Funk­tio­näre und Fans gene­rell respekt­loser gegen­über Schieds­rich­tern geworden?

Mitt­ler­weile lastet mehr Druck auf den ein­zelnen Per­sonen als noch vor zehn Jahren, des­wegen ist auch die Anspan­nung größer. Ich weiß aber nicht, ob es schlimmer oder die Hemm­schwelle nied­riger geworden ist. Viel­leicht lassen wir uns manchmal zu viel gefallen und denken uns: Links rein, rechts raus“. Das ist aber nicht immer der rich­tige Weg, weil die Kritik dann mög­li­cher­weise nur noch lauter wird. Oft kann ich den Unmut auch ver­stehen. Wenn man emp­find­liche Nie­der­lagen ein­steckt, ist man gereizt. Ich bin selbst eine sehr schlechte Ver­lie­rerin. Und wenn es zum Bei­spiel nur im Kar­ten­spiel gegen meinen Vater ist.

Ist der Fuß­ball spe­ziell gegen­über Frauen aversiv?

Ich glaube nicht. Ich bekomme jeden­falls keine Vor­ur­teile zu spüren. Im Vor­feld eines Spiels sowieso nicht, im Nach­gang kommt es schon mal vor, dass nicht alle zufrieden sind. Aber das ist normal.

Fallen auch frau­en­feind­liche Aus­sagen?

Viel­leicht denken sich manche Spieler, dass ihnen ein männ­li­cher Schieds­richter lieber ist. Gesagt hat das aber noch nie­mand. Es küm­mert mich auch nicht. Wenn jemand denkt, Fuß­ball oder der Schieds­rich­terjob wären Män­ner­sache, belastet mich das nicht.

Warum gibt es nur zwei Schieds­rich­te­rinnen im Män­ner­pro­fi­fuß­ball?

Das liegt auch daran, dass weniger Frauen als Männer Fuß­ball spielen. Bei Frauen fischt man also in einem klei­neren Teich. Des­wegen müssten Sie eigent­lich fragen, warum weniger Frauen Fuß­ball spielen. Das kann damit zusam­men­hängen, dass es Frauen his­to­risch gesehen noch nicht so lange erlaubt ist, Fuß­ball zu spielen. Aber es ent­wi­ckelt sich. Nur die Männer haben eben einen zeit­li­chen Vor­sprung. Ich glaube jeden­falls nicht, dass ich als Schieds­rich­terin im Män­ner­pro­fi­fuß­ball eine Frau­en­quote erfülle. Diesen Anspruch habe ich nicht.

Wie sind Sie eigent­lich Schieds­rich­terin geworden?

Bei einem C‑Ju­gend-Spiel meines jün­geren Bru­ders habe ich mal rein­ge­schnup­pert. Der Schieds­richter ist damals nicht gekommen, die Ver­eine mussten sich einigen, wer das Spiel pfeift. Ich war als Zuschauerin vor Ort. Da nie­mand mit Schieds­rich­ter­schein anwe­send war, haben sich die Ver­eine gedacht: Besser eine Fuß­bal­lerin als nie­manden“. Viel­leicht wurde ich aber auch aus Mangel an Alter­na­tiven aus­ge­sucht. (Lacht.)

Waren Sie über­haupt mit allen Regeln ver­traut?

Allzu viel habe ich nicht davon ver­standen. Natür­lich wusste ich, wann es einen Frei­stoß oder einen Straf­stoß gibt. Ich habe damals selbst in der Regio­nal­liga gespielt. Aber in vielen Son­der­fällen kennt man sich als Spieler ja gar nicht aus. Ich habe in Zivil gepfiffen und hatte nur eine Pfeife, einen kleinen Block und einen Kugel­schreiber. Ich weiß gar nicht, ob ich eine Gelbe oder Rote Karte dabei hatte. Es ging aber alles fair von­statten. Das hat mir Spaß gemacht, und ich wusste, dass ich das später einmal machen will. Zu diesem Zeit­punkt war ich 18 – eigent­lich spät für den Ein­stieg.

Was macht für Sie den Reiz des Pfei­fens aus?

Das Ziel, feh­ler­frei zu sein und Gerech­tig­keit zu erzeugen. Auch der Wunsch, dass nach dem Spiel keiner über einen spricht und mög­lichst alle zufrieden sind.

War es auch ein Antrieb, dass Sie zu Zeiten Ihrer aktiven Kar­riere häufig geme­ckert haben?

Ich habe par­allel zum Pfeifen noch vier Jahre lang gespielt. Und es wurde sogar noch schlimmer mit dem Meckern, als ich den Schieds­rich­ter­schein bereits hatte. Ich wurde immer unzu­frie­dener mit den Schieds­rich­tern.

Weil Sie es nun besser wussten?

Ich habe häufig gedacht, dass ich es anders ent­schieden hätte. Trotzdem hat es mir geholfen, selbst gespielt zu haben.

Inwie­fern?

Ich finde, es ist fast Vor­aus­set­zung, selbst gespielt zu haben. Ich könnte mir zum Bei­spiel gar nicht vor­stellen, Hand­ball­spiele zu pfeifen, weil für mich als Zuschauer nicht richtig ersicht­lich ist, was ein Foul ist und was nicht. Für mich sieht alles nach Foul aus. (Lacht.) Wenn ich jah­re­lang Hand­ball gespielt hätte, könnte ich das bestimmt besser ein­schätzen.

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