Howe is that possible? 11FREUNDE

Nach 457 Spielen war für Eddie Howe in Bournemouth Schluss. „Obwohl die Zuneigung und Liebe, die ich für diesen Verein empfinde, immer bestehen bleiben wird, sind wir der Meinung, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für den Klub ist, eine neue Richtung einzuschlagen“, ließ der scheidende Trainer im Juli 2020 mitteilen. Es war das Ende einer beeindruckenden Geschichte.
Im Januar 2009 hatte er zunächst Interimsweise den Trainerposten in Bournemouth übernommen, einige Wochen später wurde er dann fest eingestellt. Der Engländer, der wegen einer schweren Knieverletzung früh seine aktive Karriere als Spieler hatte beenden müssen, sicherte den Cherries zunächst überraschend den Klassenerhalt in der vierten englischen Liga. Ein Jahr später führte er den AFC als Vizemeister in die drittklassige League One. Seine Erfolge weckten Begehrlichkeiten in England. Howe folgte dem Ruf aus Burnley und wechselte in die zweite Liga.
Doch „Eddie“ und Burnley, das sollte nicht so richtig passen. Schon nach 18 Monaten beendete Howe sein dortiges Intermezzo und kehrte im Oktober 2012 zum AFC Bournemouth zurück. Die Cherries lagen zu dem Zeitpunkt auf einem direkten Abstiegsplatz in der dritten Liga. Die Saison beendete der Klub als Zweiter. Eddie Howe transformierte die Mannschaft in kürzester Zeit vom Abstiegskandidaten zum Aufsteiger. Doch damit nicht genug: nach nur zwei Jahren in der Championship stieg der AFC als Zweitligameister in die Premier League auf.
Eddie und die Cherries
Harry Redknapp, die ehemalige Trainerlegende des AFC, fasste das kleine Wunder damals in der BBC so zusammen: „Ins Stadion passen nur 11.000 Zuschauer. Die Mannschaft hatte also eigentlich gar kein Recht in die Premier League aufzusteigen.“ Acht Jahre dauerte Howes zweite Amtszeit an. Fünf Jahre lang hielt er den Verein in der höchsten Spielklasse Englands – ein Riesenerfolg. Der Präsident Bournemouths, Neill Blake, sagte: „Eddie ist eine Legende. Er hat dem Klub zu einer Identität verholfen und Geschichte geschrieben.“
Immer wieder wurde Howe mit größeren Vereinen in Verbindung gebracht, stand auch schon als zukünftiger Nationaltrainer Englands zur Debatte, hielt seinem Verein aber immer die Treue. Bis zum Ende der Saison 2019/2020. Nur ein Punkt fehlte, um die Klasse zu halten. Die Cherries stiegen ab und Howe verabschiedete sich. Redknapp mutmaßte allerdings schon damals, dass man ihn bald wieder in der Premier League sehen würde.
Der zweite Auserwählte
Nun also Newcastle United. Was sich aus deutscher Sicht in etwa so anfühlen mag, als würde Christian Streich zu einem Investorenklub wechseln, spielt im englischen Fußballkosmos keine große Rolle. Eddie Howes erste Worte nach der Bekanntgabe des Wechsels könnten die Fans von Bournemouth dennoch schmerzen: „Der Empfang in Newcastle war unglaublich. Das Ausmaß an Begeisterung, Respekt und Interesse an der Mannschaft ist eine ganz neue Erfahrung für mich. Ich werde den Verein wie meine eigene Familie behandeln.“
Dabei ging fast ein wenig unter, dass zwischen dem ursprünglichen Favoriten Unai Emery und Eddie Howe große Unterschiede bestehen. Während Emery mit seinem großem Namen und einem Sack voller Europa-League-Trophäen gekommen wäre, ist Howe bisher international ein unbeschriebenes Blatt. Kann er dennoch dem hohen Anspruch der Saudis gerecht werden?
Bessermacher
Howe galt in seiner Zeit in Bournemouth als Bessermacher, Motivator und Menschenfänger. In den ersten Jahren suchte der Trainer der Cherries nicht unbedingt fertige Spielertypen, sondern vielmehr Spieler, die in sein favorisiertes System passen könnten. Wichtiger als die aktuellen Fähigkeiten war ihm immer das mögliche Potential eines Spielers. Nathan Ake, heute in Diensten von Manchester City, sagte seinerzeit: „Er ist ein toller Trainer, weil er dem Spieler auf sehr persönlicher Ebene hilft. Er verbessert jeden Spieler ganz individuell und spricht nach dem Training an, was man noch verbessern könnte.“
In Newcastle dürfte der unmittelbare Erfolg allerdings höchste Priorität haben. Das viele Geld schürt Erwartungen, der Klub möchte im Eiltempo in die europäische Spitze vordringen. Allzu viel Zeit für die Talententwicklung dürfte dabei kaum übrig bleiben. Die Voraussetzungen, die Howe in Newcastle vorfindet, sind drastisch andere als im beschaulichen Bournemouth.
Ebenfalls wird interessant zu beobachten sein, wie Howe mit dem deutlich größeren Budget in Newcastle zurecht kommen wird. In Bournemouth bewies er nicht immer ein gutes Händchen für größere Transfers. Weder Dominic Solange (21 Millionen Euro) noch Jordan Ibe (18 Millionen Euro) zündeten beim AFC. Innerhalb der fünfjährigen Premier-League-Zugehörigkeit investierten die Cherries rund 220 Millionen Euro in neue Spieler. Am Ende stand dennoch der Abstieg.
Auf der Suche nach was Langfristigem
Mit Eddie Howe ist der wohl unbekannteste der vielen gehandelten Kandidaten auf dem Trainerposten der Magpies gelandet und unterschrieb einen Vertrag bis 2024. Im schnelllebigen Fußballgeschäft eine durchaus optimistische Vertragslaufzeit. Doch Howe blickt zunächst auf die unmittelbar bevorstehenden Aufgaben: „Es liegt viel Arbeit vor uns. Ich freue mich sehr darauf, auf den Trainingsplatz zu gehen, mit den Spielern zu arbeiten und unsere gemeinsame Reise endlich zu beginnen.“
Es wirkt, als wenn Howe durchaus als langfristige Lösung in Newcastle eingeplant ist. Auch Mark McAdam, früher Moderator vom klubinternen Sender, sieht ihn für längere Zeit auf der Bank sitzen und sagte bei Sky Sports: „Die Leute reden davon, dass Eddie Howe nur eine Notlösung sei. Ich denke, er wird die Leute überraschen – er kann der Mann sein, den sie suchen.“
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